Calibra: E10 - Kraftstoff
News freigegeben am 09.03.11 um 12:12 Uhr von Webmaster |
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Die Einführung von E10 ist ökologisch nicht nur unsinnig, sie ist laut EU
nicht einmal notwendig.
Die Einführung des angeblich umweltschonenden Kraftstoffes E10 mit einem Anteil von bis zu zehn Prozent Bioethanol ist eine Schlappe für die Regierung.
Kaum ein Autofahrer ist bereit, die neue Sorte zu zapfen - die Angst um
Motorschäden durch den als aggressiv geltenden Treibstoff ist zu groß. Aber auch
Umweltverbände warnen, da die Vergärung von Getreide und Zuckerrüben zur
Kraftstoffgewinnung alles andere als umweltfreundlich sei und zudem die
Nahrungsmittelpreise steigen lasse. Mit einem E10-Gipfel will die
Bundesregierung nun die Akzeptanz des Biobenzins erhöhen - dabei ist sie sich
selbst nicht einig.
Sie sollen das Klima schonen und die Abhängigkeit vom Erdöl
verringern: Biokraftstoffe, hergestellt aus nachwachsenden Rohstoffen wie
Getreide und Zuckerrüben. So sieht es zumindest die Bundesregierung.
E10 ist grün, wichtig und irgendwie auch alternativlos, so
suggeriert das Bundesumweltministerium. Denn die europäischen Richtlinie über
die Kraftstoffqualität fordere die Erhöhung des Bioethanolanteils im Benzin, sagt das Ministerium und verlinkt wie zum Beweis auf die entsprechende Richtlinie der EU.
Doch der Beweis ist eine Mogelpackung. Bis 2013 solle
Ottokraftstoff mit einem maximalen Ethanolgehalt von 5 % in Verkehr gebracht werden, so heißt es dort. Zudem könnten die Anbieter verpflichtet werden, diesen
Kraftstoff länger anzubieten, wenn die Politik dies für notwendig erachte.
Dieses Ziel jedoch ist längst erreicht, E5 gehört an deutschen Tankstellen
längst zum Alltag. Von E10 hingegen ist in der Richtlinie nichts zu sehen. Sie
schreibt lediglich vor, das bis 2020 zehn Prozent der Energie aus regenerativen
Quellen kommen muss - und zwar im gesamten Transportsektor. Wenn die
Bundesregierung also festlegt, dieses Ziel mit der Einführung von Bioethanol
erreichen zu wollen, dann ist das lediglich ihre eigene Entscheidung.
Denn es bestehen Alternativen: Elektrofahrzeuge, betrieben mit
regenerativem Strom können ebenso zur Erreichung des von der EU gesetzten Zieles
beitragen wie Hybridautos. Doch hier hat die Regierung zu wenig getan. Anstatt
die Autohersteller mit strengen Vorgaben und Anreizsystemen zur Entwicklung
bezahlbarer und effizienter Autos zu zwingen, ist sie vor deren Lobbyarbeit
eingeknickt. Im Jahr 2007 arbeitete die Europäische Union an der Verschärfung
des CO2-Grenzwertes für Neufahrzeuge. Bis 2012 sollten die Grenzwerte für den
CO2-Ausstoß auf 120 Gramm pro Kilometer gesenkt werden, was auch deutlich
sparsamere Autos zur Folge gehabt hätte. Doch insbesondere die deutschen
Hersteller, die sich auf schwere und stark motorisierte Fahrzeuge spezialisiert
haben, sahen in dem Grenzwert eine Gefahr. Und so wehrten sich Vorstände, Verbände und die Gewerkschaften einmütig gegen die Vorgaben aus
Brüssel und drohten mit dem Verlust zehntausender Arbeitsplätze.
Zahlen müssen die Verbraucher
Die Bundesregierung unter Bundeskanzlerin Angela Merkel machte
damals das Anliegen der Lobby zu ihrem eigenen Interesse und konnte in Brüssel
schließlich erreichen, dass der Grenzwert durch verbesserte Motoren lediglich
auf 130 Gramm pro Kilometer gesenkt wurde. Insgesamt blieb der Grenzwert bei 120
Gramm, jedoch sollten die fehlenden 10 Gramm durch - aus Sicht der Autoindustrie
- relativ billige Maßnahmen erreicht werden. Fünf Gramm Einsparungen sollten
durch verbesserte Klimaanlagen, ein Kontrollsystem für optimalen Reifendruck und
spritsparendes Schalten gespart werden, weitere fünf Gramm sollte mit Hilfe von
Biosprit eingefahren werden. Die Hersteller konnten so einen Teil der
Bringschuld an andere abwälzen.
Ob diese Entscheidung aus Sicht der deutschen Autobauer
allerdings langfristig die richtige ist, darf getrost verneint werden. Denn der
Bedarf nach spritsparenden Fahrzeugen besteht weiterhin, in Japan führen
Hybridautos die Bestsellerlisten an - was nicht zuletzt auch auf die staatliche
Förderung der Technologie zurückzuführen ist. Deutschland hinkt da sowohl in der
Produktion als auch in der Zulassung weit hinterher, was Renate Künast (Grüne)
bereits zu einem offenen Aufruf zum Kauf japanischer Hybridfahrzeuge veranlasste. Mit der staatlich unterstützten
Innovationszurückhaltung droht die deutsche Industrie hinter die internationale
Konkurrenz zurückzufallen - die Arbeitsplätze stehen also langfristig gesehen
trotz der auf den ersten Blick industriefreundlichen Politik der Bundesregierung
auf dem Spiel.
Zahlen müssen am Ende die Verbraucher: über höhere
Spritpreise, weil sie lieber teures Super Plus zapfen, als auf das aus ihrer
Sicht unsichere E10 zu setzen, über höheren Spritverbrauch aufgrund der
geringeren Energiedichte, über höhere Wartungskosten, weil Ölwechsel künftig
wohl häufiger erfolgen müssen, zudem ist E10 teurer in der Herstellung als E5.
Doch auch wer gar kein Auto fährt, muss mit steigenden Kosten
rechnen. Wenn Weizen und Zucker massenweise zur Treibstoffproduktion genutzt
werden, werden diese Rohstoffe teurer - das schlägt unweigerlich auf die
Nahrungsmittelpreise durch. Unter steigenden Weltmarktpreisen leiden am Ende
selbst jene Menschen in der Dritten Welt, die noch nie ein Auto von innen
gesehen haben. Hinzu kommt, dass die Ökobilanz von E10 alles andere als gut ist.
Zwar darf für die Produktion kein Regenwald abgeholzt werden, jedoch sind die
Anbauflächen nicht unendlich. Es ist nahezu zwingend, dass jetzige
Lebensmittelanbauflächen zur Spritproduktion genutzt werden - und neue Flächen
durch Rodung gewonnen werden. Den Vorgaben des Gesetzgebers wäre mit dieser
indirekten Landnahme jedenfalls genüge getan.
Es gibt weiteren Handlungsbedarf und Alternativen .
Wirtschaft und Regierung schoben sich derweil munter und in
aller Öffentlichkeit gegenseitig die Schuld für die Zurückhaltung der
Verbraucher an den Tankstellen zu. Auf einem eilig in Berlin einberufenen
E10-Gipfel, der bezeichnenderweise nicht im Umwelt-, sondern im
Wirtschaftsministerium stattfand, erklärten nun Industrie- und
Regierungsvertreter einmütig, an dem neuen Kraftstoff festhalten zu wollen. Die
Schuld am Scheitern des E10 wird nun klammheimlich auf den Verbraucher
geschoben, der zu dumm war, sich zu informieren. Staatsekretär Rainer Bomba
wedelte auf der anschließenden Pressekonferenz vielsagend mit einem
Fahrzugschein und erklärte, innerhalb von 50 Sekunden könne jeder Autofahrer mit
dessen Hilfe im Internet herausfinden, ob er E10 tanken könne oder nicht.
Trotzdem sollen ab sofort an den Tankstellen Listen mit für den Kraftstoff
freigegebenen Autos ausliegen. Mineralöl- und Automobilwirtschaft werden künftig
für den neuen Kraftstoff werben.
Ist also alles gut? Keineswegs. Denn auch Minister Röttgen
musste auf Nachfrage eingestehen, dass es Handlungsbedarf bei der mittelbaren
Landnutzung gebe. Die Bundesregierung habe da noch Hausaufgaben zu machen, so
Röttgen. Wirklich sicher ist es also auch nach Ansicht des Umweltministeriums
nicht, dass Bioethanol nicht zur Verknappung bei Nahrungsmitteln und zur Rodung
von Waldflächen führt.
Dabei liegen andere Lösungsmöglichkeiten auf der Hand. Denn
die EU möchte lediglich, dass bis 2020 zehn Prozent der im Transportsektor
benötigten Energie aus regenerativen Quellen stammt. Statt Geld in die
ökologisch unsinnige Abwrackprämie zu stecken, hätte eine konsequente Förderung
für Hybridfahrzeuge ein erster Schritt auf diesem Weg sein können. Doch dies
scheint der Politik offenbar nicht opportun, weil damit einheimische Marken
weitestgehend außen vor bleiben würden - sie hängen noch zu sehr an der alten
Technik.
Deutlich mehr Potential für schnelle Veränderungen ließe sich
damit mit einer konsequenten Modernisierung des Schienenverkehrs erreichen. Das
fängt schon beim Bahnstrom an, er wird zu knapp 48 Prozent aus Stein- und Braunkohle gewonnen - ein enormes Potential zur CO2-Einsparung. Auch Investitionen in die
Elektrifizierung der Strecken könnten dazu beitragen, die von der EU gesteckten
Ziele zu erreichen. 2005 war nicht einmal die Hälfte des Schienennetzes elektrisch befahrbar.
Zum Topthema in Deutschland wird hier im Calibra-Team Forum
diskutiert:
Calibra E85 - Thema -
Calibra E10 - Thema -
Calibra E10 Probleme ?!
Quelle:
Heise.de
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